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Die Umgestaltung der Annenstraße:
letzte Hoffnung für die einst prächtige Einkaufsstraße?

 
   

 

Die Erinnerung

Jedes Kind, jeder Erwachsene, der schon einmal "DKT" (österreichische Version von Monopoly) gespielt hat kennt sie: Die heutige Annenstraße war einmal ein Einkaufsparadies. Eine von Familienunternehmen dominierte Straße, ein Aushängeschild der Stadt. Eine Straße, die heute von leerstehenden oder von Schnellimbissen unterschiedlicher Qualität gezeichnet ist, neben den Einzelhändlern, die seit Jahren auf Hilfe durch die Stadt Graz warten und ausharren.

Wer spätestens in den 1980ern in Graz aufgewachsen ist, kennt sie noch:
Die Annenstraße als lebendiges Einkaufsmeka, gleich nach der Herrengasse die zweiterfolgreichste Einkaufsstraße in Graz - zeitweise sogar nach der Mariahilfer Straße in Wien die zweitgrößte in Österreich.
Ihr schleichender Tod begann Ende der 1980er/Anfang der 1990er.

Bekannte Unternehmen waren u. a.:
Cafe Eisvogel
Der Herr
Kleinbahn
Herzl Taschen
Kleider Bauer
Annenhof-Kino (heute: UCI Kinowelt Annenhof)
 
 
 


 
 
 

Die Verkehrsachse

Untrennbar mit der Straße ist die Straßenbahn verbunden. Mit der Eröffnung der ersten Pferdebahnstrecke in Graz 1878 wurde die Annenstraße als geradlinige Verkehrsachse zwischen Innenstadt und dem damaligen Südbahnhof (heute: Hauptbahnnhof) von dem neuen Verkehrsmittel durchfahren, seit 1899 elektrisch. Bis 1957 kreuzte der "3er" bei der Haltestelle "Roseggerhaus" die Annenstraße und bot so Anschluss zum Gries- oder Lendplatz.

Zwischen 1938-1945 änderte sich der Charakter der Straße für immer. Erstens durch die Enteignung jüdischer Geschäftsinhaber, zweitens durch die Bombardierung des Hauptbahnhofs und seiner Umgebung während des 2. Weltkriegs. Durch den Wiederaufbau wurden beschädigte Gründerzeitbauten abgerissen oder deren Fassaden "vereinfacht", wodurch bis heute Nachkriegsbauten die Straße dominieren.
 
 
 

 
 
Der Bedeutungsverlust

Ich erinnere mich an die ersten Anzeichen des Niedergangs:
Da eröffnete der erste Tiefpreis-Shop (heutige: z. B. 1-Euro-Shops) neben dem Hotel "3 Raben"  - eine Ungeheuerlichkeit!
Ein Elektrogeschäft schräg gegenüber, dass zugesperrt hat, dessen Ladenausstattung aber jahrelang unangetastet blieb. Die Frage: "Wie kann ein Geschäft in der Annenstraße so lange leerstehen?", blieb unbeantwortet.
Anders als in anderen Grazer Einkaufsstraßen verschwanden Familienunternehmen nicht und wurden durch Filialen internationaler Unternehmen ersetzt, sondern es mieteten sich, von Ausnahmen abgesehen, meist zweitklassige Unternehmungen an, die den Abstieg verlangsamten, aber nicht aufhielten.

Gründe für den Niedergang sind:
der Verlust von großen Kundenfrequenzbringern
mitunter zu kleine Geschäftsflächen, um für (internationale) Unternehmen interessant zu sein
die seit 1972 gebauten Einkaufszentren in Graz, die ein verändertes Kaufverhalten bewirken
die Verkehrssituation als Durchfahrtsstraße für den Individualverkehr. Die Straßenbahn verläuft in Mittellage ohne Inselbahnsteige. Die Haltestellen "Roseggerhaus" und "Esperantoplatz" befanden sich in beiden Richtungen vor großen Kreuzungen, sodass man beim Aussteigen durch Autos stark behindert wurde.
der Straßenquerschnitt: relativ schmale Gehsteige, zwei Parkspuren, je eine Fahrspur in beide Richtungen für den Individualverkehr und die Straßenbahn in Mittellage ließen für Fußgänger nicht viel Platz übrig - von "Einkaufs-Feeling" keine Spur.
 
 
 


 
 
 

Hoffnung

Ein erstmaliger Versuch der Stadt die Verkehrssituation zu verbessern war 1999. Hierzu wurde der Indivdualverkehr stadtein- und stadtauswärts bei der Kreuzung Esperantoplatz unterbrochen. Ein Aufschrei der Geschäftsinhaber in der Annenstraße war die Folge, sodass innerhalb eines Monats das Versuchsprojekt abgebrochen wurde. Erst zehn Jahre später sollte eine Stadtregierung sich an der Annenstraße erneut versuchen.

Die zwischen 2008 und 2012 amtierende schwarz-grüne Stadtregierung machte Nägel mit Köpfen. Durch den Umbau des Hauptbahnhofs wäre die Straßenunterführung in der Eggenberger Straße (Straßenbahnlinien 1, 7) ab Ende 2012 bis Ende 2013 gesperrt - ein Straßenbahnverkehr Richtung Westen der Stadt unmöglich gewesen. Daher wurde der Bau einer Unterführung unter dem Hauptbahnhof für die Straßenbahnlinien 1, 3, 6 und 7 beschlossen, damit die Straßenbahnlinen 1 und 7 auch tagsüber den Hauptbahnhof erreichen und der Straßenbahnbetrieb in der Eggenberger Straße aufrecht erhalten werden kann. Zudem rechnet man beim Ausbau des S-Bahnnetzes mit einer Zunahme der Fahrgastzahlen, man möchte daher den Umstieg auf alle vier Straßenbahnlinien in der Annenstraße ermöglichen. Pläne für den Bau der Unterführung gab es schon in den 1990ern, jedoch sollte statt einer Unterführung ein Tunnel gebaut werden, der aus Richtung Ost und West über je eine Umkehrschleife verfügen sollte.

Zeitgleich wird die Annenstraße umgestaltet. Stadteinwärts wird sie zur Einbahn. Durch das Auflösen von Parkplätzen entstehen die neuen Plätze "Dominikanerplatz" (Kreuzung Vorbeckgasse/Annenstraße) und "Metahofplatz" (Kreuzung Annenstraße/Metahofgasse). Auch der Esperantoplatz wird neu gestaltet. Im Abschnitt Eggenbergergürtel - Roseggerhaus werden beide Parkspuren aufgelassen und die Gehsteige verbreitert.
Die Haltestellen "Roseggerhaus" und "Esperantoplatz/Arbeiterkammer" werden an den entsprechenden Kreuzungen in Richtung Hauptbahnhof nach den Kreuzungen verlegt. Die Haltestelle "Eggenbergergürtel" (zuletzt Hauptbahnhof - Annenstraße) wurde mit der Eröffnung der Straßenbahnunterführung am 26.11.2012 unter dem Europaplatz aufgelassen.

Da es zu einer Verlagerung der Verkehrsströme kommen dürfte wurde der Busverkehr in der Keplerstraße bereits im September 2010 verdichtet (Buslinien 58, 63: von 15- auf 10-Minuten-Takt).

Derzeit (Stand: Jänner 2013): ruhen die Bauarbeiten. Mit Beginn der Bausaison wird die Umgestaltung der Annenstraße fortgesetzt und diese noch 2013 vollendet.

 


      Seite aktualisiert am Sonntag, 15. Februar 2015    
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