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Chronik
(Straßenbahn)

   
   

Der Plan zum Bau eines privaten Straßenbahnnetzes in St. Pölten geht bis in das Jahr 1905 zurück. War ursprünglich geplant das Netz hauptsächlich zur Lastenbeförderung zu den entlang der Strecken gelegenen Industriebetriebe zu nutzen, entwickelte sich die Personenbeförderung gleich zu Anfang stärker als erwartet.
 
  1907 Fertigstellung des Detailprojekts:
Eingleisige Schmalspurbahn mit 760mm Spurbreite; 800V Gleichspannung.
Das niederösterreichische Landeseisenbahnamt, dem auch die Mariazellerbahn unterstand, wollte mit dieser Spurweite einen einheitlichen Betrieb Straßenbahn - Mariazellerbahn mit Übergang der Fahrzeuge garantieren. Auch wären die Baukosten beim Bau einer Schmalspurbahn geringer gewesen.

Geplante Strecken:
Frachtenbahnhof - Neugebäudeplatz - Ober-Wagram - Stattersdorf - Harland
Harland - Ochsenburg
Harland - Pyhra
Viehofen - Bahnhof - Rathausplatz - Voith-Fabrik
Rathausplatz - Militärkaserne
Rathausplatz - Neugebäudeplatz

  1909 Änderung des Projekts bezüglich Spurweite von 760 auf 1435mm (Normalspur). Der zu erwartenden Beförderungsmenge von 9000 Normalspurgüterwaggons standen ca. 300 Schmalspurgüterwaggons pro Jahr gegenüber. Allein dieser Grund rechtfertigte die höheren Baukosten gegenüber dem Bau eines Schmalspurnetzes. Schmalspurwaggons wurden jedoch dann in der Folge nie transportiert.
  April 1910 Beginn des Bahnbaus.

Beteiligte Firmen:
Siemens-Schuckert (Generalunternehmer; elektrische Ausrüstung)
Leo Arnoldi (Wien; Bau der gesamten Bahnanlage)
Demetzy & Faulhammer (St. Pölten; Bau der Fabrikanschlussgleise)

In der Folge entstanden folgende Strecken (Netzplan folgt):
A: Frachtenbahnhof - Neugebäudeplatz - Ober-Wagram - Stattersdorf - Harland
B: Kremser Landstraße (Anschluss an Strecke A) - Hauptbahnhof
C: Beamtenhaus (Anschluss an Strecke A) - Glanzstoff-Fabrik

Schienenprofile der Strecken:
A: Stadtgebiet von St. Pölten: Rillenschienen mit einer Rillenbreite von 60mm.
    Überlandstrecke: Vignolschienen (Güter- und Personenverkehr)
B: Rillenschienen mit einer Rillenbreite von 32mm (nur Personenverkehr).
C: Rillenschienen mit einer Rillenbreite von 60mm. (Güterverkehr)

Fahrleitung (Hartkupferdraht 50mm2):
Im Stadtgebiet an Eisenmasten oder an Häusern mit Querverspannung, auf der Überlandstrecke an Holzmasten mit Auslegern und am Frachtenbahnhof sowie in den Ausweichen an Holzmasten mit Querdrähten aufgehängt.

Stromversorgung:
Neben der Remise wurde ein Umformerwerk eingerichtet, das mit zwei Motorumformern zu je 150 kW bestückt wurde die die 5000V Drehstrom (25 Perioden), die vom städtischen Elektrizitätswerk St. Pölten geliefert wurden, in Gleichstrom von 800V umwandelten.

Betriebsausweichen:
Neugebäudeplatz, in Ober-Wagram nahe der Traisenbrücke, Papierfabrik Salzer, Endhaltestelle Harland, Glanzstoff-Fabrik

Gebäude:
Als einziger Hochbau wurde die Remise mit drei Gleisen, Werkstätten- und Büroräumen sowie dem Umformerwerk ausgeführt. 

Fahrbetriebsmittel:
3 Triebwagen für den Personenverkehr
2 Lokomotiven für die Lastzugbeförderung
1 offener und 1 geschlossener Güterwagen für den betriebseigenen Lastverkehr
2 Bahn- und 1 GerüsTriebwagenagen für Oberbau- und Fahrleitungsarbeiten 

  02.04.1910 Konstituierende Sitzung der "Aktiengesellschaft der St. Pöltner Straßenbahn".
  14.05.1910 Erteilung der Konzession für "eine mit elektrischer Kraft zu betreibende, normalspurige Kleinbahn von St. Pölten nach Harland".
  21.01.1911 Erste Probefahrten auf den Strecken.
  18.03.1911 Feierliche Eröffnung der Straßenbahn.
  20.03.1911 Aufnahme des öffentlichen Personenverkehrs auf der Strecke Hauptbahnhof - Harland. (Fahrzeit: 36min)
Die Strecke wurde in drei Teilstrecken unterteilt: Brunngasse (ab 1912) - Ober-Wagram, Ober-Wagram - Stattersdorf und Stattersdorf - Harland.
  04.04.1911 Aufnahme des Güterverkehrs auf der Strecke Frachtenbahnhof - Glanzstoff-Fabrik.

Der Frachtenbahnhof der Straßenbahn wurde in fünfgleisiger Form errichtet und war an ein Gleis der Staatsbahnstrecke Linz - Wien angeschlossen.

  10.04.1911 Aufnahme des Güterverkehrs auf der restlichen Strecke.
  1911 Verhandlungen mit der niederösterreichischen Landesbahnverwaltung bezüglich Betriebsführung der Bahn scheitern an der starren Haltung der Landesbahn, da deren Bedingungen für den Bahnbetrieb (Schmalspur) nicht erfüllt wurden.
Die Bahn blieb bis zu ihrer Einstellung 1976 in Privatbesitz.
  1912 Außerbetriebnahme der Ausweiche Ober-Wagram.
  1912 Verlängerung der Strecke B vom Hauptbahnhof (provisorische Endstelle) durch die Unterführung unter dem Bahnhof über den Bahnhofplatz und durch die Kremsergasse zur Endstelle Brunngasse. Dort wurde auch eine Ausweiche errichtet. (Fahrzeit: 28min; Streckenlänge Personenverkehr: 7,378km)
Die ursprünglich in der Kremsergasse vorgesehene Endstelle konnte wegen unüberwindlicher Schwierigkeiten (Grundablöse eines Hauses) nicht realisiert werden.
  12.12.1912 Eröffnung der neuen Haltestellen "Bahnhofplatz" und "Brunngasse".
  1915 Aufnahme eines Sonderverkehrs zur Glanzstoff-Fabrik, um den Arbeitern von und zur Arbeit einen längeren Fußmarsch zu ersparen. Dieser Sonderverkehr wurde sporadisch mit längeren Unterbrechungen bis 1947 durchgeführt.
  1914-1918 Wie auch bei anderen Straßenbahnbetrieben wurden in den Kriegsjahren Verwundetentransporte durchgeführt.
  1918 Das im baureifen Zustand befindliche Projekt der eingleisigen Streckenverlängerung von Harland nach Pyhra konnte aufgrund finanzieller Engpässe nicht realisiert werden.
  um 1925 Während der Inflationszeit wurde die Strecke in nur zwei Tarifzonen unterteilt.
  1926-1927 Die Straßenbahndirektion bemühte sich um die Konzession von Autobuslinien, die nach Spratzern (via Innenstadt) und nach Viehofen führen sollten.

Die Stadtgemeinde St. Pölten kam diesem Projekt zuvor, indem sie am 16.04.1927 acht Autobuslinien eröffnete. Bis zum 2. Weltkrieg wuchs das Netz auf vierzehn Buslinien an, die die Straßenbahn stark konkurrenzierten, was nicht zuletzt auf die niedrigeren Fahrpreise zurückzuführen war.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Busbetrieb von Bahn und Post übernommen.
  1929 An die Wagenhalle der Straßenbahnremise wurde ein Anbau errichtet, in dem ein viertes Gleis errichtet wurde, das vornehmlich zum Abstellen der Beiwagen diente.
  1932 Verkürzung der Fahrzeit für die Personenzüge von 28 auf 25min.
  1934 Wegen der politischen Unsicherheit tauchte der Plan auf, die Stromversorgung mit einem Dieselgenerator in Eigenregie durchzuführen. Auch hier verhinderte chronischer Geldmangel die Realisierung.
  März 1938 Anschluss Österreichs an Deutschland.
Durch die nunmehr im gesamten Reichsgebiet gültige "Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen (BO - Strab)" ergaben sich einige Änderungen bezüglich Betriebsführung und Fahrzeugausrüstungen.

Alle Personenwagen sollten mit automatischen Kupplungen versehen, sowie die Triebwagen mit beidseitigen Sandstreuvorrichtungen ausgerüstet werden. Die Sandstreuer wurden umgebaut und auch 14 automatische Kupplungsköpfe, System "Compact" der Bergischen Stahlindustrie, wurden tatsächlich gekauft, jedoch wegen Arbeitskräftemangels nie an den Wagen montiert.

  1938-1945 Ergebnislose Verhandlungen der Aktionäre mit der Deutschen Reichsbahn, zwecks Übernahme des Betriebs.
  1941 Die Reichsbahn kündigt an den Vertrag über das Areal des Frachtenbahnhofs der Straßenbahn kündigen zu wollen, da sie das Areal für die Errichtung eines Heizhauses benötigen würde. Die zähen Verhandlungen zogen sich bis in das Jahr 1945, wo das Problem ohnehin nachhaltig gelöst wurde.
  1941 Wegen der fortgeschrittenen Arbeiten an der "Reichsautobahn" Berlin - Wien über München musste die Gleistrasse ab km 6,112 bis km 6,374 der Strecke A bis zu 25m nach Westen verlegt werden.
  08.10.1941 Eröffnung der neuverlegten Strecke.
  1943 Höchste Anzahl an beförderten Güterwaggons in der Geschichte der St. Pöltner Straßenbahn: 10 646 Waggons.
  01.06.1943 Auflassung der Zoneneinteilung.
  01.04.1945 Der Frachtenbahnhof der Straßenbahn wird bei einem Bombenangriff vollkommen zerstört. Als Folge können keine Güter mehr transportiert werden.
  12.04.1945 Nach schweren Bombenangriffen muss der Personenverkehr vollkommen eingestellt werden.
  Mai 1945 Nach Kriegsende wird Österreich von den Siegermächten aufgeteilt und besetzt. St. Pölten befand sich in der sowjetischen Besatzungszone.

(Wieder-)Einführung der Drei-Zoneneinteilung. Diese Einteilung wurde bis zuletzt beibehalten. 

  27.06.1945 Die sowjetische Besatzungsmacht war daran interessiert, dass ihre einzurichtenden Verpflegungslager in St. Pölten den Nachschub mit der Bahn und mit der Straßenbahn zugestellt bekommen. Es wurde daher von Soldaten der Roten Armee in der Nähe der Glanzstoff-Fabrik, ein provisorischer Gleisanschluss an die Bahnstrecke St. Pölten - Tulln verlegt, so dass der Lastenverkehr wieder aufgenommen werden konnte. Die Strecke C wurde buchmäßig von bisher 883m auf 1051m verlängert.
Dieses "Provisorium" wurde bis zur Einstellung beibehalten und wird bis heute für die Beistellung von Waggons zur Glanzstoff-Fabrik verwendet.
  02.07.1945 Wiederaufnahme des Personenverkehrs.
  1947 Höchste Anzahl an beförderten Personen in der Geschichte der Straßenbahn: 1 397 541 Personen
  September 1949 Die Bundesbahnverwaltung bot der Straßenbahndirektion die Bewilligung zum Wiederaufbau des Frachtenbahnhofs an, jedoch scheiterte dieses Projekt am Fehlen finanzieller Mittel. 1952 wird der Plan endgültig begraben. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Betriebs- und Baulänge der Strecke A nun auch buchmäßig um 1051m, vom früheren Frachtenbahnhof bis zur Kremser Landstraße, verkürzt.
  1945-1950 Die im Zentrum von St. Pölten gelegene Endstelle "Brunngasse" wurde in den Nachkriegsjahren zunehmend von Verfechtern des Autoverkehrs im Interesse der Gewinnung von Parkplätzen in der Innenstadt angefeindet. Außerdem waren wegen der schlechten Gesteinspflasterung im Bereich des Bahnhofplatzes einige Radfahrer zu Sturz gekommen.
  20.07.1950 Auf Anregung des Polizeikommissariates St. Pölten fand an diesem Tag im Rathaus eine Verkehrsbesprechung statt. Wegen der Tatsache, dass die Straßenbahn in der Bahnhofdurchfahrt in Richtung Stadtmitte, aufgrund der eingleisigen Strecke, auf der linken Seite und daher gegen den übrigen Verkehrsfluss fuhr, und weil in der Endstelle die Fahrgäste die Wagen auf beiden Wagenseiten, also auch zur Fahrbahn hin, bestiegen und verließen, verlangten die Vertreter von Polizei und Stadtgemeinde, die Straßenbahn nicht mehr durch den Bahnhofdurchlass und daher nicht mehr zur Brunngasse fahren zu lassen.
Die Straßenbahndirektion wehrte sich mit allen Mittel gegen die Stilllegung, fürchtete sie doch zurecht einen starken Fahrgastschwund mit dem Verschwinden der Haltestellen in der Innenstadt.
Da die rechtliche Situation ein Fahrverbot für die Straßenbahn als behördlich konzessionierte Bahn nicht zuließ, wurde sie auf andere Weise gezwungen, die wichtige Strecke Bahnhofunterführung - Brunngasse aufzugeben. Im Einvernehmen mit der Magistratsdirektion wurde von der Polizei eine allgemeine Sperre der Verkehrsflächen Bahnhofunterführung und Kremser Gasse angedroht, um "unmittelbare Gefahr" abzuwenden. Durch diese Aktion hätte auch der Unwille von Stellen, die der Straßenbahn positiv gegenüberstanden, hervorgerufen werden sollen.
  27.05.1951 Um 22:20 Uhr wurde die Endstelle "Brunngasse" das letzte mal befahren. Am nächsten Tag wurde mit dem Ausbau der Gleise und den Vorbereitungen für den Bau der neuen Endstelle "Goldegger Straße" begonnen. Die vorläufige Endstation befand sich knapp vor der Bahnhofunterführung in der Kremser Landstraße, womit wieder die Situation der Zeit vor der Eröffnung der Endstelle "Brunngasse" erreicht war.
Nach Ausbau wurde die Ausweiche der Endstelle in die Goldegger Straße transportiert und auf den vorbereiteten Unterbau verlegt.

Ein späteres Projekt sah den Bau einer Gleisschleife (Daniel Gran-Straße - Schöpferstraße - Goldegger Straße - Kremser Landstraße) vor, auch hier war ständiger Geldmangel der Grund für die Nichtrealisierung. 

  07.10.1953 Ausbau der Ausweiche Eybnerstraße.
Damit gab es nur mehr eine Unterwegsausweiche, nämlich bei der Papierfabrik Salzer.
  1958 Der Rückgang der Fahrgastzahlen führte dazu, dass der Beiwagenbetrieb schrittweise bis 1961 abgebaut wurde.
  1958-1960 Das umfassende Kanalbauprogramm der Stadt St. Pölten brachte der Straßenbahn in dieser Zeit viele Schwierigkeiten und Kosten.
Durch den längerfristigen Umsteigeverkehr bei Streckenunterbrechungen musste außerdem ein starker Fahrgastschwund verzeichnet werden.
  13.04.1959 Einführung des Einmannbetriebs in der verkehrsschwachen Zeit.
  21.12.1967 Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
  1967 Geringste Anzahl an beförderten Personen in der Geschichte der Straßenbahn: 210.887 Personen
  05.01.1970 Den stetig sinkenden Fahrgastzahlen wurde mit Inkrafttreten des neuen Fahrplans Rechnung getragen, da ab diesem Zeitpunkt der zweite Zug zur Mittagszeit aufgelassen wurde, sodass ganztägig nur mehr die Führung eines einzigen Triebwagens notwendig war.
  Mai 1971 Im Zuge des Umbaus der Goldegger Straße und des Platzes vor dem Gewerkschaftshaus (ehemals Stadlmayerplatz) im Frühjahr musste die Straßenbahn auf ihre Ausweiche verzichten.
Ab diesem Zeitpunkt konnten keine Beiwagen mehr auf der Strecke eingesetzt werden.
  1971 Die Forderung der Aufsichtsbehörde im Herbst diesen Jahres, die wegen Geld- und Personalmangels nur notdürftig instand gesetzten Gleisanlagen einer Generalsanierung zu unterziehen, war schlussendlich der auslösende Grund für die Stilllegung der Straßenbahn.
Nach langen Verhandlungen übernahm die Stadtgemeinde die Haftung für einen Kredit, der die Sanierung der allerschlechtesten Gleise (Herzogenburger Straße, Übergabegleis und der selbständige Gleiskörper in der Salzerstraße von Ober-Wagram bis zur ehemaligen Haltestelle Lilienhof) der Strecken ermöglichte. Während dieser Bauarbeiten musste ein Umsteigeverkehr für die Fahrgäste durchgeführt werden. 
  29.11.1972 Spektakulärer Unfall in der Herzogenburger Straße (Strecke C). Nach Vorbeifahrt eines Güterzuges brach ein etwa 3m langes und 5cm starkes Stück des Innenteiles der Rillenschiene ab und ragte ca. 20cm aus dem Straßenniveau. Ein PKW-Lenker, der über die Stelle fuhr, sah das Hindernis nicht und die Schienenlanze bohrte sich durch die Bodenplatte des Autos, fuhr seiner am Beifahrersitz mitfahrenden Ehefrau beim Oberschenkel in den Körper, durchdrang den Körper, verließ diesen wieder beim Schulterblatt und durchstieß noch die Heckscheibe des Autos. Wie durch ein Wunder, konnte die Frau nach einigen Wochen nahezu wiederhergestellt das Krankenhaus verlassen.
Als Folge dieses Unfalls wurden um den Unfallbereich die Gleise vollkommen neu verlegt, wozu die Aufnahme eines 5 Millionen Schilling hohen Kredits notwendig war.
  1973 Die stetig sinkenden Einnahmen führten zu einem technischen Tiefststand. Innerhalb des Jahres mussten 2 von 5 vorhanden Triebwägen aufgrund schwerer Mängel aus dem Verkehr gezogen werden.
Somit standen für den Betrieb nur mehr die Wagen 1, 3 und 5 zur Verfügung, die aber auch schon sehr altersschwach waren und speziell bei Regenwetter nur jeweils einige Stunden in Betrieb belassen werden konnten. Motorschäden, Fahrschalterbrände, Heißläufer der Achslager und Achsbrüche waren fast an der Tagesordnung.
Aber auch die Gleisanlage war in einem abenteuerlichen Zustand, sodass es durch Spurerweiterungen relativ oft zu Entgleisungen kam.
  1974 Durch die Aufnahme eines Kredites konnten die ärgsten Gleisschäden behoben werden. Um das Triebwagen-Dilemma zu lösen, beschloss die Betriebsleitung den Kauf zweier gebrauchter Triebwagen der Type T1 aus Wien. Die Beschaffung eines dritten T1 war vorgesehen, wenn sich die beiden erstgelieferten Wagen im Betrieb bewährt haben würden.
  1975 Da der übrige Oberbau, insbesondere die restlichen Rillengleise im Stadtgebiet von St. Pölten, nicht mehr voll betriebssicher war, erließ die Aufsichtsbehörde Einschränkungen in Bezug auf die Spurkranzhöhe und den Achsdruck der von der Straßenbahn transportierten Vollbahngüterwaggons, wodurch der Gütertransport arg behindert wurde.

Eine weitere Forderung der Behörde war, die restlichen schadhaften Schienen ebenfalls zu erneuern. Dies löste ein langes Tauziehen zwischen Straßenbahnverwaltung, Stadtgemeinde, Land Niederösterreich und dem Verkehrsministerium aus, das damit endete, dass der für die Sanierung der Gleisanlagen veranschlagte Betrag von ca. 8 Millionen Schilling als Subvention an die Straßenbahn gesichert werden konnte.
Ausschlaggebend für die Sicherung der Subvention war außer den Verhandlungen ein vom Amt der niederösterreichischen Landesregierung erstelltes Raumordnungsgutachten, in dem die Wichtigkeit der Straßenbahn und insbesondere deren Güterverkehr hervorgehoben und demnach die Weiterführung der Straßenbahn unbedingt empfohlen wurde.

Trotz des Subventionsangebots von Gemeinde, Land und Bund wollten die Eigentümer der Straßenbahn die Fortführung des Betriebes der öffentlichen Hand übertragen, da Sie wegen der vorerwähnten großen Ausgaben für 1975 einen Betriebsabgang von ca. 1 Million Schilling erwarteten. Die zuständigen Stellen (Stadtgemeinde St. Pölten; ÖBB) konnten sich aber nicht zu einer Übernahme der Straßenbahn entschließen.

  08.08.1975 Probefahrt des ersten T1. Nach Einschulung des Personals wurde der Wagen mit der Nummer 7 am 1. September 1975 erstmals im Personenverkehr eingesetzt. Der daraufhin geplante Umbau des zweiten T1 konnte aber aufgrund der sich rasch zuspitzenden Finanzsituation der Straßenbahn nicht mehr in Angriff genommen werden.
  28.01.1976 Über den gesamten Zeitraum der Verhandlungen verschlechterte sich die finanzielle Situation der Straßenbahn so stark, dass schlussendlich Konkurs angemeldet werden musste.
Ein von der Gewerkschaft unterstützter Streik, durch den die Ansprüche des Personals der Straßenbahn bezüglich Lohn, Abfertigung und Urlaub im Fall der Betriebseinstellung sichergestellt werden sollte, wurde am 30.01.1976 nach erfolgreichen Verhandlungen beendet.
  Jänner und Feber 1976 Engagierte Eisenbahnfreunde versuchten durch ihre Aktivitäten (Schulfahrt, Verkauf der Compactkupplungen aus dem 2. Weltkrieg, Verkauf der Triebwagen 1 und 3 für Museumszecke), die Einstellung der Straßenbahn zu verhindern, da es sich ja abzeichnete, dass die Straßenbahn nach einer Durststrecke durch die Millionensubvention wieder eine Zukunft hat.
Durch diese Maßnahmen konnten binnen kürzester Zeit 40 000 Schilling aufgetrieben werden.
  09.02.1976 Da einige Rechnungen der niederösterreichischen Landeselektrizitätsgesellschaft Newag in der Höhe von 30 000 Schilling (!) nicht bezahlt werden konnten, wurde die Betriebsleitung im Laufe des Tages von der bevorstehenden Abschaltung des Fahrstromes informiert.
  10.02.1976 Am letzten Betriebstag waren noch alle betriebsfähigen Triebwagen (1, 3 und 7) im Einsatz. Nach dem Einziehen des planmäßigen Wagens um 22:20 Uhr in die Remise wurde von Organen der Newag die gesamte Stromzufuhr an die Straßenbahn gesperrt und somit das Schicksal dieses Betriebes besiegelt.

Die Einstellung kam so rasch, dass es für den 11. und 12. Februar 1976 kein öffentliches Verkehrsmittel für die Strecke gab.

  11.02.1976 Bis auf die Glanzstoff-Fabrik wurden alle bis zuletzt mit der Straßenbahn belieferten Firmen nun per LKW mit ihren Gütern versorgt.

Die Glanzstoff-Fabrik wird seit 22. März 1976, nach vorherigen Probefahrten, von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) über die (verbliebenen) Gleise in der Herzogenburger Straße und dem Übergabegleis bedient.

  12.02.1976 Seit diesem Tag verkehrt ein Postautobus, der für die Fahrgäste mehr Nachteile als Vorteile brachte, wie z. B. die Reduzierung von Kursen, Fahrtstreckenänderung im Abschnitt zwischen der Papierfabrik Salzer und Spratzern sowie eine sofortige Tariferhöhung im Ausmaß bis zu 25 Prozent.
  23.10.1976 Beginn der Demontage der Oberleitung.
  November 1976 Abbau des gesamten Vignol-Oberbaus.

 

 
      Seite aktualisiert am Sonntag, 15. Februar 2015      
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